Klasse 10 a besuchte die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg

Was es bedeutet, durch Arbeit vernichtet zu werden, davon bekamen die Schüler der Klasse 10 a eine ungefähre Ahnung, als sie am 8. Oktober mit ihrem Klassenleiter Christian Brandl und ihrer Geschichtslehrerin Christl Hastreiter die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg besuchten. Hier erfuhren die Jugendlichen, was es heißt, ein KZ-Häftling gewesen zu sein. Ein Mensch ohne Rechte, vollkommen schutzlos der Willkür seiner Bewacher ausgeliefert. Der Besuch dieses historischen Ortes löste bei den Jugendlichen große Betroffenheit aus: „Was mich schockiert hat, war, dass die Leute umgebracht wurden, wenn die Wärter schlecht drauf waren.“ oder „Schockierend, wie man auf die Idee kommt, so etwas zu bauen!“

Der Weg ins Lager

Zeichnung des italienischen Häftlings Vittore Bocchetta: „Wüten im Duschraum“

Bei der Führung über das Außengelände durch Herrn Landgraf und Frau Sailer wurde den Maristenschülern das Leben im Lager nahegebracht. Die Verwandlung des Menschen in eine Nummer begann auf dem Appellplatz. Hier mussten sich die Neuankömmlinge nackt ausziehen, dann wurden sie desinfiziert und einer brutalen Rasur der Kopf- und Körperhaare unterzogen. Was sich anschließend im Häftlingsbad abspielte, ist für uns heute kaum nachvollziehbar. Aus den Duschköpfen prasselte abwechselnd eiskaltes und siedend heißes Wasser auf die Gefangenen nieder. Es kam sogar vor, dass die Funktionshäftlinge - auch „Kapos“ genannt - Feuerwehrschläuche auf die Häftlinge richteten. Die Folge waren Verletzungen an den inneren Organen und Knochenbrüche. Nach dieser entwürdigenden und nicht selten tödlichen Behandlung bekamen die Häftlinge ihre gestreifte Uniform mit einer Nummer und einem farbigen Wimpel, der sie einer bestimmten Gruppe zuordnete.

Die Kapos: Funktionshäftlinge mit Privilegien

Die Umrisse der Baracke der 10- bis 18-Jährigen: auch sie ein Opfer des NS-Terrors

Ab diesem Zeitpunkt waren die Gefangenen den Kapos schutzlos ausgeliefert. Diese Gruppe von Häftlingen rekrutierte sich aus Berufsverbrechern und behandelte die Mitgefangenen mit äußerster Brutalität. Je zufriedener die SS mit ihrer Arbeit war, desto mehr Vergünstigungen gab es für sie. Sie bekamen mehr zu essen, hatten ein eigenes Bett, Kleidung zum Wechseln und durften das Lagerbordell nutzen, das sonst nur den SS-Offizieren vorbehalten war. Für diese Einrichtung, erklärte Frau Sailer, holte man junge Frauen aus dem KZ-Ravensbrück. Sobald sie schwanger wurden, verloren sie ihren Wert und wurden erschossen.

Das Krematorium in Flossenbürg

Sehr nachdenklich wurden viele Schüler, als sie das Krematorium im „Tal des Todes“ besichtigten. Man hatte den Eindruck, dass manche den Blick auf den Seziertisch und den Verbrennungsofen kaum ertragen konnten. Dazu Tobias Puchta: „Der Ofen, in dem Leichen wie am Fließband verbrannt wurden, der Raum, in dem die Körper aufgestapelt waren, und der Tisch, auf dem die Goldzähne der Toten herausgerissen wurden. All das war einfach nur menschenverachtend. Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, wie Menschen anderen Menschen so etwas antun können.“ Und David Beier fügte hinzu: „Man wird nachdenklich, wenn man vor dem Krematorium steht.“

Die Beseitigung der Toten war ebenso wie in anderen Konzentrationslagern Aufgabe der Häftlinge. Der Ablauf hatte nichts mit einer normalen Einäscherung zu tun. Ohne Sarg wurden oft mehrere Leichen gleichzeitig auf einer Trage in den Ofen geschoben. Lange Schürhaken dienten dazu, sie im Feuer zu bewegen, um die Verbrennung zu beschleunigen. Obwohl die Asche der Toten nicht getrennt wurde, ließ die SS sie in Urnen füllen und in Einzelfällen an die Angehörigen verschicken. Ein Großteil der Asche wurde jedoch in Gruben gekippt.

Engpässe bei der Leichenverbrennung

Ende 1944 starben so viele Menschen, dass ein zweites Krematorium errichtet werden sollte. Doch dazu kam es nicht mehr. Stattdessen wurden die Leichen zusätzlich unter freiem Himmel verbrannt. Der Verbrennungsgeruch verbreitete sich in der ganzen Umgebung von Flossenbürg. Also müssen die Menschen geahnt oder gewusst haben, was sich hier abspielte, so Frau Sailer. Damit die vielen Leichen schneller zum Krematorium transportiert werden konnten, ließ die SS das Häftlingslager durch einen Tunnel und eine Rampe mit dem Krematorium verbinden. Um Fluchtversuche zu verhindern, wurde der Einstieg zum Tunnel vergittert.

Zwangsarbeit im Steinbruch

Der Steinbruch heute: Einsatz von Baggern anstelle von abgemagerten Häftlingen

Die Aschepyramide im „Tal des Todes“ erinnert an die 30 000 Menschen, die im KZ Flossenbürg zugrunde gingen und auf menschenverachtende Weise „entsorgt“ wurden. Unter ihnen auch die Häftlinge, die im Steinbruch der Deutschen Erd- und Steinwerke Zwangsarbeit leisteten. Bei jedem Wetter mussten sie Erde abtragen, Granitblöcke absprengen, Loren schieben und Steine schleppen. Ein Arbeitstag im Steinbruch dauerte zwölf Stunden, nur unterbrochen von einer kurzen Pause, in der eine dünne Suppe ausgegeben wurde. Am Körper trugen sie nichts weiter als ihre dünne Häftlingskleidung. Die Holzschuhe waren vor allem im Winter auf den glatten Stufen lebensgefährlich. Sicherheitsvorkehrungen gab es nicht. Tag für Tag waren die Häftlinge der willkürlichen Gewalt der Kapos ausgeliefert. Ein Beispiel: „Den ganzen Tag mussten wir Felsblöcke hinaufschleppen, diese dann wieder abwerfen, um sie wieder nach oben zu schleppen. Wenn am Abend Frost war, wurden die Treppen mit Wasser übergossen und am nächsten Tag mussten wir die Steine auf dem Glatteis schleppen. Es war schrecklich.“ (der tschechische Häftling Frantisek Sulák)

Befreiung des Konzentrationslagers

Häftlinge aus Flossenbürg auf dem Todesmarsch durch Wetterfeld – Zeichnung des Rodinger Ortschronisten Ludwig Diess, zu sehen in der Dauerausstellung

Als das Lager Flossenbürg am 23. April 1945 von einer Einheit der US-Armee befreit wurde, fand sie 1 500 schwerkranke, vollkommen abgemagerte Menschen vor. Unter ihnen den 15-jährigen Jakub Szabmacher, besser bekannt unter dem Namen Jack Terry, der nur noch 27 Kilogramm auf die Waage brachte. Er hat das Lager überstanden, weil er von einem älteren Häftling in dem Tunnel zwischen Wäscherei und Häftlingsküche versteckt worden war. Dadurch entkam er dem Todesmarsch Richtung Süden, der seinen sicheren Tod bedeutet hätte.

Das Vermächtnis der Überlebenden

Jack Terry und weiteren sechs Überlebenden des Konzentrationslagers Flossenbürg durften die Maristenschüler in dem Zeitzeugenfilm „Wir haben überlebt … die andern sind geblieben“ begegnen. Stellvertretend für ihre Mithäftlinge erzählen sie von ihrem Leben im KZ und der allgegenwärtigen Angst vor dem Tod. Am Ende des Films fragt Jack Terry: „Was wird geschehen, wenn wir einmal nicht mehr sind? Wie wird unsere Erinnerung weitergegeben an zukünftige Generationen?“

Mit dem Besuch der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg wurde ein Beitrag dazu geleistet, dass die Erinnerungen der Überlebenden nicht verloren gehen. Bei den Schülern der Klasse 10 a hat die Exkursion einen tiefen Eindruck hinterlassen. Darauf lassen die folgenden Äußerungen schließen:

 • „Es war eine ganz neue Erfahrung. Es ist wichtig, dass man das gesehen hat.“ (Jonas Geiger)

• Das Wissen darf nicht verloren gehen, so etwas darf nicht wieder passieren.“ (Tobias Puchta)

• „Man kann jetzt erahnen, wie es den Häftlingen ging. Der Ausflug nach Flossenbürg ist wichtig.“ (Johannes Auerbeck)

• „Man hat gesehen, wozu Menschen fähig sind.“ (Jonas Stelzer)

Text: Christl Hastreiter

Fotos: Christl Hastreiter, Lukas Wittmann (10 a)